Kunststoffe – in Zukunft alles bio?

kunststoffe_in_zukunft_alles_bio_04In den letzten Jahren wurden Kunststoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe immer stärker in den Medien diskutiert. Werden Biokunststoffe petrochemische Kunststoffe langfristig komplett ersetzen?

Eines vorab: der Begriff Biokunststoff ist nicht geschützt und wird auch nicht einheitlich verwendet. Dies macht die Unterscheidung etwas schwierig. Meine Definition eines Biokunststoffes ist, dass diese zu 100% aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Die Abbaubarkeit spielt dabei für mein Verständnis zunächst eine untergeordnete Rolle.

Aktuell liegt der Anteil von Biokunststoffen am gesamten globalen Kunststoffmarkt bei lediglich etwa 6%. Aufgrund der Fülle an unterschiedlichen Eigenschaftsmerkmalen von Kunststoffen erscheint es mir derzeit unmöglich, alles mit 100% biobasierten Kunststoffen abzudecken. Bei einer Gesamtgröße des globalen Kunststoffmarktes von derzeit etwa 300 Mio.t/a sehe ich das Ende der petrochemischen Kunststoffe noch lange nicht eingeleitet.

Welche Nachteile haben Biokunststoffe im Vergleich zu chemischen Kunststoffen?
Was die mechanischen Eigenschaften betrifft, so kann man hier nur schwer in Vor- und Nachteile unterscheiden. Hier geht die Entwicklung sehr schnell voran, jedes Jahr werden neue biobasierte Typen auf den Markt kommen, die ihr ganz spezielles Eigenschaftsprofil aufzeigen.

Bei den aktuellen Entwicklungen kann man jedoch feststellen, dass derzeit noch ein Nachteil der Biokunststoffe die Temperaturbeständigkeit ist. Dies ist bei technischen Kunststoffbauteilen jedoch oft ein entscheidender Faktor für die Anwendung.

Was aus meiner Sicht im Vergleich zu fossilen Rohstoffen problematischer ist: der steigende Bedarf des landwirtschaftlichen Anbaus für nachwachsende Rohstoffe. Das wird die Produktionskapazitäten der Hersteller aus meiner Sicht deckeln. Bedenken Sie, dass für den landwirtschaftlichen Anbau weitere Probleme auftreten können, es müssen ausreichend Flächen zur Verfügung stehen, die Pflanzen müssen bewässert werden, etc. Dies zeigen auch Studien des Instituts für Biokunst­stoffe und Bioverbundstoffe in Hannover.

Kommen Biokunststoffe bereits heute bei Claus Groth zum Einsatz? Wenn ja, in welchem Umfang?
Wir setzen Biokunststoffe bisher in einem sehr geringen Umfang ein. Interessant ist hierbei anzumerken, dass es uns bisher immer gelungen ist, mit einem bestehenden Spritzgießwerkzeug (ausgelegt auf technische Kunststoffe), Muster mit Biokunststoffen zu fahren. Wir
beliefern unsere Kunden ja ausschließlich mit technischen Bauteilen, diese haben einen ganz bestimmten Zweck zu erfüllen.

Ein ökologischer Anreiz kann es ja auch sein, Gewicht einzusparen. Das ist gerade im Automobilbau ein sehr großes Thema. Hier gibt es sehr interessante Ansätze. Beispielsweise können Sie ein reines PA66 durch ein PA/PP-Blend ersetzen und gleichzeitig bis zu 12% am Bauteilgewicht einsparen. Ich sehe die Zukunft der Biokunststoffe zunächst im Garten- und Landschaftsbau, der Verpackungsindustrie oder im Catering Bereich sowie im Bereich Medizin und Hygiene.

„Bio“ klingt nach umweltverträglich und gesund. Sind Kunststoffe aus Naturmaterialien automatisch energieschonender und kompostierbar – also biologisch abbaubar?
Wir unterscheiden die Biokunststoffe in drei Gruppen:

  • abbaubare, petro-basierte Biokunststoffe
  • abbaubare (überwiegend) biobasierte Biokunststoffe
  • nicht abbaubare, biobasierte Biokunststoffe.

Dabei ist es wichtig anzumerken, dass die Abbaubarkeit ausschließlich durch die chemische und physikalische Mikrostruktur und nicht durch den Ursprung der eingesetzten Rohstoffe oder Herstellungsprozesse der Polymere beeinflusst wird.

Also ist es theoretisch auch möglich, sowohl aus biobasierten als auch aus petro-chemischen Rohstoffen biologisch abbaubare Polymere zu erzeugen.

Wie sieht es mit der Energiebilanz aus?
Bei der Energiebilanz sieht es da schon anders aus. Es ist nur zu berücksichtigen, dass Naturmaterialien landwirtschaftlich angebaut werden müssen. Hier gibt es meines Wissens nach jedoch noch zu wenig Informationen für eine ökologische Bewertung.

Durch ein Kunststoffbauteil aus einem Biokunststoff kann ich jedoch sehr gut den „grünen Gedanken“ transportieren. Ich schaffe dadurch noch ganz andere Werte für ein Bauteil. Diesen Aspekt halte ich für sehr wichtig.

Welche Ausgangsstoffe kommen für die Herstellung von Biokunststoffen in Frage?
Aktuell werden Biokunststoffe hauptsächlich aus Stärke und Cellulose gewonnen. Mögliche Ausgangspflanzen sind Mais, Zuckerrüben oder zum Beispiel Hölzer aus denen Cellulose gewonnen werden kann. Auch Pflanzen­öl kann für die Produktion von Biokunststoffen verwendet werden.

Dieser Artikel ist in unserem Kundenmagazin KUNSTleseSTOFF erschienen.
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